Katemin im Zentrum der umstrittenen Elbebrücke
Die Petition pro Brücke (Ina Niederhoff, Amt Neuhaus) sowie der Brückenbefürworter des Vereins Brücken bauen e.V, ist unlängst nach abschließender Beratung des Petitionsausschusses gescheitert. Indessen haben der Landkreis Lüchow – Dannenberg und die Gemeinde Neu Darchau jede weitere Bearbeitung des Bauvorhabens untersagt. Lediglich politisch / emotional motiviert (Böther: „Für mich ist die Brücke ein Stück gelebte deutsche Einheit.“) und völlig faktenfrei betreibt der Lüneburger Landrat das umstrittene Projekt weiter. Katemin als Ortsteil von Neu Darchau wird so zum Zentrum des umstrittenen Projekts.
Kaum mehr als rund 2.000 Personen aus der Gemeinde Amt Neuhaus und Umgebung unterstützen unlängst eine Petition der Brückenbefürworter um Ina Niederhoff (Amt Neuhaus) und Brücken bauen e.V. Das entspricht weniger als der Hälfte der Einwohner der Gemeinde. Nach abschließender Beratung des Petitionsausschusses beim niedersächsischen Landtag ist die Petition auch inhaltlich gescheitert. Die Brückenoption kann aus dem Entwurf zur Fortschreibung des Landesraumordnungsprogramms (LROP) entfernt werden. Die im weiteren Verfahren vorgeschrieben Beteiligung der Öffentlichkeit kann durch Petition nicht ausgehebelt werden. Zwischenzeitlich betreibt der Landkreis Lüneburg unter Federführung seines Landrats, Jens Böther, das Planfeststellungsverfahren (Bauantrag für die Brücke) hartnäckig weiter. Indessen haben Lüchow – Dannenberg und die Gemeinde Neu Darchau unter Verweis auf den Brückenvertrag (2009) dem Landkreis Lüneburg jede weitere Bearbeitung des Bauvorhabens untersagt. Zuvor hat im März 2006 das Verwaltungsgericht Lüneburg (5 A 261 / 5) ein Planfeststellungsverfahren für den Bau der Brücke seinerzeit gestoppt. Hingegen muss die Gemeinde Neu Darchau aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses (Verwaltungsgericht Lüneburg, 3 B 33/20) aus dem Dezember 2020 Vorarbeiten zum Planfeststellungsverfahren der Elbbrücke dulden.
Nach unserer Einschätzung ist aufgrund des aktuellen Stands der Dinge die Lage hingegen neu zu bewerten und im Zweifel ein neues Urteil anzustreben. Wir begrüßen insofern nachdrücklich die Neu Darchauer und Dannenberger Entscheidungen. Diese dürften mit Bezug auf den Brückenvertrag zunächst Katemin als Ortsteil von Neu Darchau in das Zentrum der Debatte um das umstrittene Bauvorhaben rücken. Unbeschadet davon bereiten wir uns, beraten durch Rechtsbeistand mit erfolgreicher Expertise in einschlägiger Angelegenheit, auf die Öffentlichkeitsbeteiligung des Planfeststellungsverfahrens vor. Daher bietet wir bereits jetzt allen Widerspruchswilligen kostenlose orientierende Hilfe für Einwendungen gegen den unverantwortbaren Eingriff in den heimischen Naturraum an.
Brückenprojekt drei Jahrzehnte umstritten
Rund drei Jahrzehnte ist das Brückenprojekt in Neu Darchau und im Amt Neuhaus umstritten. Unmittelbar nach der Beitrittsvereinbarung 1990 (Einheitsvertrag) beschlossen die Räte ihrer acht rechtselbischen und damals noch eigenständigen Gemeinden die Rückgliederung nach Niedersachsen gegen Aufgabe ihrer Zugehörigkeit zu Mecklenburg – Vorpommern. Die soziokulturellen, die wirtschaftlichen, die verkehrlichen Bewegungen sowie die Wege des alltäglichen Lebens und die familiären Bindungen prägen hingegen bis heute die bestehende Verflechtung mit ihrem „natürlichen“ Hinterland (West -Mecklenburg). Die maßgeblichen Zahlen und Fakten dazu sind bekannt und häufig diskutiert. (z. B. Potenzialanalyse Neuhaus, KoRis_regecon_2016) Unbeschadet davon wurde durch einen Staatsvertrag zwischen M – V und Niedersachsen die Umgliederung der rechtselbischen Gemeinde nach Niedersachsen ohne Votum der Einwohner am 30.06.1993 vollzogen. Getrennt durch die Elbe als „natürliche“ Westgrenze ist die Gemeinde Neuhaus somit praktisch wieder (wie einst im längst untergegangenen Königreich Hannover) lebenspraktisch eine „Exklave“ Niedersachsens bzw. Lüneburgs, jedoch mit vielfältigen Verbindungen zu ihrem Herkunftsland.
Elbebrücke in Regional- und Landesraumplanung
Indessen wurde die Elbbrücke bei Dömitz als Symbol der Einheit im Dezember 1992 freigegeben. Der Bund, die Länder M – V und Niedersachsen erteilten daraufhin einer weiteren Brücke zwischen Lauenburg und Dömitz eine Absage. Eine verkehrspolitische Notwendigkeit sei dafür nicht gegeben. Der Bund und M – V haben sich endgültig aus dem Brückenprojekt verabschiedet. Das verkehrspolitische Erfordernis sehen wir bis auf den heutigen Tag nicht gegeben und auch nicht nachgewiesen. Selbst eine schnellere (10 Minuten) Erreichbarkeit (z.B. der Kreisstadt Lüneburg) bei „angenommener Elbbrücke würde die Gemeine Amt Neuhaus nicht in die demografiefeste Zone bringen“. (KoRis regecon 2016) Wann, wer mit welchen Motiven das Bauvorhaben über die Jahre wiederholt und erneut auf die politische Wunschliste setzte, ist so umstritten wie die Brücke selbst. Noch im Juni 2015 entfernte der Landkreis Lüneburg aufgrund von Unfinanzierbarkeit die Brücke aus der Raumplanung. Hingegen ist sie in aktueller regionaler Raumplanung wieder und nunmehr als ein rein kommunales Vorhaben enthalten. Ähnlich wechselhaft ist der Verlauf auf Ebene der Landesraumplanung. Auch dort ist die Elbbrücke als Planungsoption eines rein kommunalen Projekts im LROP enthalten. Allerdings soll diese Option nach dem Willen der Landesregierung im Wege der Fortschreibung erneut aus dem LROP entfernt werden. Das anstehende Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und Abwägungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Das aktuelle LROP ist daher weiterhin gültig.
Position pro Brücke emotional aufgeladen
In all dem politisch motiviertem Hin und Her einer Brückenoption in Regional- und Landesraumplanung ist nach unserer Überzeugung ein faktenbasiertes Erfordernis verkehrspolitischer Notwendigkeit für eine Brücke bei Darchau bisher nicht nachgewiesen. Hingegen wird lautstark und seit Jahren unter Verweis auf den Willen einer behaupteten Mehrheit der Neuhäuser von den Brückbefürwortern und jüngst vom Lüneburger Landrat, Jens Böther, die Realisierung der Brücke gefordert. Indessen legt die sehr zurückhaltende Unterstützung der einschlägigen Petition durch die Neuhäuser einen ganz anderen Schluss nahe: Mehrheitlich haben sie die Petition pro Brücke nicht unterstützt.
Insofern überrascht nicht, dass Jens Böther nun den strittigen Bau völlig faktenfrei sowie lediglich als ein politisch und persönlich motiviertes Vorhaben
(Böther: „Für mich ist die Brücke ein Stück gelebte deutsche Einheit.“) betreibt. Damit offenbart Böther letztlich den Kern der bisher vorgeschobenen und emotional aufgeladenen Gründe pro Brücke. Die von Dagmar Schulz und Klaus-Peter Dehde auf dem Weg gebrachten Untersagungen der weiteren Bearbeitung des Projekts könnten diesen Klärungsprozess beschleunigen. Daher begrüßen wir die genannte Vorgehensweise. Dabei dürfte es zunächst um Katemin als ein Ortsteil von Neu Darchau und um die Bewertung des aktuellen Bearbeitungsstands des Brückenprojekts auf der Grundlage des Brückenvertrages gehen.
Voruntersuchung erlaubt – Antrag auf Planfeststellung gestellt
Bereits mit Entscheidung vom 16. Dezember 2020 des Verwaltungsgerichts Lüneburg muss die Gemeinde Neu Darchau Voruntersuchungen zur Vorbereitung eines Planfeststellungsbeschlusses für den Brückenbau auf ihrem Hoheitsgebiet durch den Landkreis Lüneburg dulden. Inzwischen hat der Landkreis Lüneburg einen Antrag auf Planfeststellung (Bauantrag) für den Bau der Elbbrücke bei Neu Darchau gestellt. Mithin sind die von der Gemeinde zu duldenden Voruntersuchungen für die Planung abgeschlossen. Denn ein Bauantrag kann nur mit vollständiger Planung, einschließlich der Anforderungen für eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach EU – Standard, gestellt werden.
Entsprechend § 3, Ziffer 3 des Brückenvertrages kann die Gemeinde die Fortführung der Baumaßnahme untersagen, wenn der Landkreis die Ortsumfahrung Neu Darchau nicht plant bzw. geplant hat. Nach Durchsicht der verfügbaren Pläne des Verfahrens bewerten wir die geforderte Ortsumfahrung als nicht gegeben bzw. als nicht geplant. Die im genannten Gerichtsbeschluss geforderte Duldung zum Betreten des Hoheitsgebiets der Gemeinde bezieht sich lediglich auf Voruntersuchungen. Diese sind abgeschlossen. Die Gemeinde und der Landkreis Lüchow – Dannenberg können bzw. müssen daher die Fortführung der angestrebten Baumaßnahme untersagen. Auf tatsächliche Bautätigkeit (z. B. Einsatz von Bautechnik) vor Ort kommt es nicht an. Schließlich bezieht sich die gerichtlich auferlegte Duldung lediglich auf vorbereitenden Untersuchungen der Maßnahme. Überdies ist die geforderte Ortsumfahrung mit vorgelegter Planung und mit geplanter Querung Katemins nicht gegeben. Katemin ist verwaltungsrechtlich ein Ortsteil von Neu Darchau. Nach allgemeinem Sprachverständnis und nach den Rechtsgrundsätzen des Guten Glaubens ist Katemin mithin ein Teil von Neu Darchau. Im Gegensatz zu Neu Darchau hat Katemin als Ortsteil keine eigenen Hoheitsbefugnisse (Hausrecht).
Brückenvertrag: Ortsquerung von Katemin ist nicht gewollt
Die Vertragsparteien haben vor Abschluss den Brückenvertrag über Jahre hinweg intensiv beraten. Den Beratungsprotokollen ist nach unserer Überzeugung zu entnehmen, dass eine Ortsquerung (Durchgangsverkehr in geschlossener Bebauung) von den Vertragsparteien nicht gewollt ist. Auch deshalb begrüßen wir die angestrebte Untersagung der weiteren Bearbeitung des strittigen Vorhabens. Überdies begründet das (noch) vorhandene „Ortsschild – Katemin“ keinen Rückschluss auf den verwaltungsrechtlichen Status Katemins. Katemin gehört in diesem Sinne zu Neu Darchau und ist Teil davon. Für Neu Darchau (einschließlich seines Ortsteils Katemin) übt der Bürgermeister das Hoheitsrecht (Hausrecht) für Neu Darchau aus. Im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht erlaubten und zwischenzeitlich abgeschlossenen Voruntersuchungen für das Planfeststellungsverfahren ist das Hoheitsrecht der Gemeinde (auch ohne Verweis auf den Brückenvertrag) nicht mehr begrenzt. Wir begrüßen und unterstützen daher die Untersagung weiterer Planung. Im Zweifel sollte diese auch gerichtlich durchgesetzt werden.